Ein systemisches Deutungsmodell

(Wege entstehen dadurch, dass man sie geht – F. Kafka)

 

Wir gestalten, was wir sehen (ein systemisches Deutungsmodell) 

Unsere Wahrnehmung ist der Ausgangspunkt für die Betrachtung des Himmels. Im Auge des Betrachters erst entstehen aus vielen Lichtpunkten einzelne Sternbilder, die sich zu Figuren gestalten. Diese Gestalten lösen in unserem Bewusstsein bestimmte Assoziationen aus, mit denen wir den Bildern eine Bedeutung zuschreiben, die uns eine Ordnung erkennen lassen. Dieser Prozess führte im Laufe der Jahrhunderte zu einer ‚Mythologisierung‘ der Sternbilder. Die als zusammengehörig empfundenen Bilder wurden nach und nach mit Erlebnis- und Erfahrungsbildern (Symbolen) verknüpft, entsprechend der jeweiligen Kulturepoche. Daher kann die Astrologie inzwischen als Kulturwissenschaft gelten und zugleich als eine Kunst, inhaltliche Verwandtschaften zwischen den Gestirnkonstellationen und den menschlichen Verhältnissen aufzuzeigen.

Was wir am Himmel als Ordnung erkennen, ist somit Spiegel unserer Vorstellung von Ordnung auf der Erde. Wir konstruieren, was wir sehen. Und Sternbilder waren schon immer Konstruktionen, die bestimmten Gestaltgesetzen folgen und daher kulturell unterschiedlich interpretiertGroßer Wagen werden. Im Sternbild Großer Wagen etwa sahen  die nordamerikanischen Indianer  einen Bären, die Kirgisen  hingegen sieben Wölfe, die Chinesen einen Löffel und die Araber einen Sarg mit drei Klageweibern; im englischsprachigen Raum wiederum wird der Wagen häufig als 'Big Dipper' = Große Schöpfkelle bezeichnet. 

Die Beziehung zwischen den Sternen und den irdischen Erscheinungen ist also – aus systemischer Sicht - nicht unbedingt in der Natur der Sterne selbst begründet, sondern in der Tatsache, dass wir aus den Himmelserscheinungen eine wie auch immer geartete Bedeutung für unsere Existenz ableiten können. Die Einsicht in die kosmische Ordnung  weist uns Wege, das Menschsein besser zu begreifen.

Ob man an die Astrologie ‚glauben‘ soll, erweist sich somit als obsolet. Denn aus diesem Blickwinkel dient sie vor allem als Ordnungssystem, um menschliche Erfahrungen anhand von Sternenkonstellationen zu erkunden, zu beschreiben und ihre Bedeutung zu verstehen. Diese Betrachtung gibt kein Weltbild vor, sondern schafft Raum für die Entwicklung eines erweiterten Menschenbildes.

Nota bene

Wenn hier von Stern-Bildern die Rede ist (im Gegensatz zu den inzwischen gebräuchlichen Stern-Zeichen), so deshalb, weil die Anfänge der Astrologie vor Jahrtausenden in der unmittelbaren Anschauung des Himmels lagen. Aus diesem sogenannten siderischen Tierkreis ging später der sogenannte tropische Tierkreis hervor, dessen Stern-Zeichen sich nur mehr an den jahreszeitlichen Wendepunkten der Sonne orientieren.


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